Abmahnfähigkeit von DSGVO-Verstößen durch Mitbewerber

Obwohl der Geltungsbeginn der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) bereits fast drei Jahre zurückliegt, mangelt es vielen Unternehmen noch an der Umsetzung. Die fehlende Umsetzung der Verpflichtungen aus der DSGVO beruht teilweise auf Unwissenheit und teilweise auf Sorglosigkeit der Verantwortlichen. Mit Beschluss vom 28.05.2020 (Az. I ZR 186/17) hat der Bundesgerichtshof (BGH) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) als Vorabentscheidung die Frage vorgelegt, ob Verbraucherschutzverbände Verstöße gegen die DSGVO abmahnen können. Für Unternehmen stellt sich somit die Frage, ob neben Bußgeldern und Ansprüchen von Betroffenen, Abmahnungen durch Konkurrenten bzw. Wettbewerber drohen?

Wann können Wettbewerber Mahnungen aussprechen?

Eine Abmahnung kann durch einen Wettbewerber ausgesprochen werden, wenn eine wettbewerbswidrige Handlung durch einen anderen Wettbewerber vorliegt. Mit der Abmahnung wird das angebliche wettbewerbswidrig handelnde Unternehmen aufgefordert, die wettbewerbswidrige Handlung zu unterlasen und bei weiteren Verletzungshandlungen zur Zahlung einer Vertragsstrafe verpflichtet. Für die Abmahnung ist deshalb entscheidend, ob eine wettbewerbswidrige Handlung vorliegt. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche werden jedoch in der DSGVO nicht genannt. In den Artikeln 77 – 84 DSGVO stehen Personen, deren personenbezogenen Daten vom Unternehmen rechtswidrig verarbeitet wurden Rechtsbehelfe zu. Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, die von Wettbewerbern geltend gemacht werden können, richten sich in Deutschland nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Der EuGH hat nun die Frage zu klären, ob die Regelung in Artikeln 77- 84 DSGVO als abschließende Regelung zu sehen sind und Wettbewerber somit keine Abmahnungen aufgrund von Verletzungen der DSGVO aussprechen können.

Was spricht für eine abschließende Regelung?

Für eine abschließende Regelung sprechen, die umfangreichen Überwachungspflichten sowie Untersuchungs- und Abhilfebefugnisse, die den Aufsichtsbehörden durch die DSGVO eingeräumt werden. Eine Überwachung oder Durchsetzung durch Wettbewerber kann, daher nicht im Sinne des Uniongesetzgebers gewesen sein. Ziel der DSGVO war es neben der Harmonisierung des unterschiedlichen Datenschutzniveaus auch die Unterschiede der Durchsetzung der Bestimmungen zu vereinheitlichen. Die Durchsetzung durch Wettbewerber aufgrund nationaler Regelungen könnte diesem Ziel entgegenstehen.

Was spricht gegen eine abschließende Regelung?

Gegen ein abschließendes Sanktionssystem der DSGVO sprach sich das OLG Hamburg in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2018 (Urteil vom 25. Oktober 2018, 3 U 66/17; ZD 2019, 33) und das OLG Stuttgart mit seiner Entscheidung vom 27.02.2020 (Aktenzeichen: 2 U 257/19; ZD 2020, 472) aus. So begründete das OLG Hamburg seine Entscheidung damit, dass gem. Art. 82 DSGVO „jede Person“ wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung einen Anspruch auf dem ihr entstandenen Schaden hat. Gegen eine abschließende Regelung spricht darüber hinaus, dass zwar in den Artikeln 77- 79 Regelung bzgl. der Rechtsbehelfe getroffen wurden, diese aber „unbeschadet eines anderweitigen Rechtsbehelfs“ zur stehen.

Wettbewerber können deshalb Ansprüche aus dem UWG aufgrund von datenschutzrechtlichen Verletzungshandlungen geltend machen, soweit es sich hierbei um marktverhaltensregelnde Normen i.S.d. § 3a UWG handelt. Nicht alle Regelung der DSGVO sind als Marktverhaltensregeln zu sehen, sondern es bedarf stets einer Einzelfallprüfung.

Fazit

Unabhängig davon wie sich der EuGH letztlich entscheidet, hat der nationale Gesetzgeber für eine Einschränkung der Abmahnkosten für Unternehmen festgelegt, die in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen. Der Abmahnende hat gegenüber solchen Unternehmen kein Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen (z.B.: Anwaltskosten) bei Verstößen gegen die Vorgaben der DSGVO. Damit wurde das Risiko einer kostenpflichtigen Abmahnung zwar nicht insgesamt beseitigt, jedoch stark eingeschränkt.

Autor: Nicolas Garea Garcia